Im Rahmen der Sanierung des Siegburger Rathauses wurde der Künstler Udo Zembok mit der Gestaltung der bodentiefen Verglasungen im Erdgeschoss des Bürotraktes Richtung Nogenter Platz / Friedensplatz beauftragt. Das Kunstprojekt „Siegburger Bilderfries“ zeigt von innen wie von außen Stadtgeschichte in Form aneinandergereihter Porträts bekannter Siegburger Persönlichkeiten. Ohne eine direkt chronologische Ordnung finden die Persönlichkeiten des 11. bis 19. Jahrhunderts Platz auf den Glasflächen am Friedensplatz, diejenigen des 20. und 21. Jahrhunderts auf den Fassaden am Nogenter Platz, links neben dem Haupteingang des Rathauses.
Für die Findung zweier, maximal drei weiterer Porträts auf der Verglasung neben dem Haupteingang, konnten Sie vom 08. bis zum 28. Februar 2023 Ihre Vorschläge einreichen!
Ergebnis
Die Entscheidung fiel im Bau- und Sanierungsausschuss vom 21.03.2023. Der Siegburger Bilderfries auf den Rathausfenstern im Erdgeschoss nimmt eine verdiente Siegburgerin und zwei Siegburger auf. Dr. Ilse Ehmann, Karl Pierkes und Peter Burggraf wurden über dieses Portal vorgeschlagen und von der Kommunalpolitik ausgewählt. Alle drei Personen standen ihren Nächsten in existenziellen Situationen zur Seite.
Mehr Informationen zu dem Ergebnis gibt es hier.
Ansichten (Vorentwurf)
Das Konzept - UDO ZEMBOK STUDIO
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Einleitung
Die Farben verbinden Welten. In der nordischen Mythologie verbindet der Regenbogen ''Bifröst'', Midgard, die irdische Welt mit Asgard, dem Reich der Götter. Analog zur Farbwelt leben wir Menschen ''zwischen'' Polen wie Licht und Finsternis, Warm und Kalt, Materie und Formgebung usw.
Das Verständnis des Lichts bleibt uns aber ein Rätsel. Es ist unsichtbar und wird erst wahrnehmbar wenn es auf Objekte trifft oder durch Filter strömt. Wir nehmen daher nicht das Licht selber wahr, sondern seine diversen Erscheinungen. Dies Gesetz der Optik hat seit alters her, lange vor seiner physikalischen Entdeckung, Philosophie und Metaphysik inspiriert.
Unter anderem stimulieren und orientieren diese wissenschaftlichen und philosophischen Erkenntnisse, angewandt auf die Kunst, unsere Recherchen auf dem Gebiet der ''Licht-Farbe.'' Für unsere Arbeit öffnen sie unerschöpfliche Möglichkeiten bei der Erforschung der Interdependenz vom Medium Glas und den ''immateriellen Stoffen'' wie Licht und die aus ihm generierten Farben. -
Das künstlerische Konzept
Aus diesem modernistischen Bau der sechziger Jahre, entworfen von Peter Busmann, öffnen sich seit der Sanierung durch die Agentur PPP im Erdgeschoss vergrösserte Fenster- und Glasfassaden zu den umliegenden Strassen und Plätzen. Im Herzen der Stadt gelegen, ist das Rathaus Focus für einen intensiven Fussgängerverkehr.
Die Bürger werden eingeladen, gewollt oder ungewollt, mit dem von uns vorgeschlagenen Kunstprojekt im täglichen Umgang zu leben.
Aus diesem Grund scheint es uns interessant den Sieburgern eine bildliche Brücke zur Stadtgeschichte zu bauen ; von der Vergangenheit in die Gegenwart.
Das zugrundeliegende Konzept des Projekts « zwischen zwei Welten », im Geist der oben beschriebenen Ideen, wird nicht allein als flutende Farbe visualisiert, sondern erhält kontrapunktisch graphisch ausdrucksstarke Elemente in Form von grossformatigen Porträts markanter und weniger bekannter Bürger und Bürgerinnen der Stadt Siegburg.
Auf zwei hintereinander positionierten Scheiben, jeweils die beiden Aussenscheiben der Dreifachverglasung, werden in einem digitalen Druckvorgang keramische Farben in die Fensterscheiben eingebrannt. Die Porträts werden auf eine minimale Graphik reduziert, nur schwarze und graue Konturen symbolisieren die erkennbaren Persönlichkeiten.
Die Gläser bilden eine Art Haut zwischen Innen und Aussen. Das Tageslicht strömt frei in die Büroräume des Bürgerservices, tingiert von der Glasfarbe im unteren Bereich des Bilderfries. Eher deckende Farben kommen in diesen unteren Zonen zur Anwendung um die gewünschte Diskretion im Openspace zu erreichen.
Nach oben verlieren sich Farben und Formen, gehen fliessend über in durchsichtige Gläser. -
Die Farbe
Zwei Farbtöne strukturieren die Glasflächen ; Innen- und Aussenglas jeweils in nuancenreichen Abstufungen, wie ein Filter der eine homogene warme Lichtstimmung erzeugt, ohne aber den täglichen Ablauf der Bürofunktion zu stören.
Zeitlinienartig erscheint die Farbe umlaufend in horizontalen Linien. Sie vereinheitlichen wie in einem
Zeitenstrom die Biographien und Werke der dargestellten Personen aus der Geschichte Siegburgs.
Zwischenwelten sind unser Thema.
In der optischen Überlagerung der zwei Bildebenen, und verstärkt durch das horizontale Linienraster, erzeugt unser Auge im aktiven Wahrnemungsprozess eine dritte ''dynamisch-immaterielle Bildebene'', wie flüchtige Momentaufnahmen, abhängig von unserer Bewegung und Position im Raum.
Dieser kinetische Effekt unseres Projekts erweitert die Bildsprache, wird eher von Innen als von Aussen wirksam werden. -
Die dargestellten Persönlichkeiten
Die Stadt war Geburtsort vieler prominenter Personen und war und ist Wohnort einer Reihe von namhaften Frauen und Männern mit den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Engagements, aus Kultur, Wirtschaft, Politik und Spiritualität.
Dem Publikum bieten wir an auf eine Zeitreise zu gehen, in der die Stadt Verbindungsorgan ist für eine grosse Zahl von historischen und zeitgenössischen Persönlichkeiten.
Unser Kompositionsprinzip sieht vor Porträts zu sammeln auf denen, falls möglich, verschiedene Lebensabsschnitte der jeweiligen Person verbildlicht sind. Dies ist natürlich einfacher in Jahren wo die Fotografie als Medium vorherrscht.
Ohne eine direkt chronologische Ordnung, finden die Persönlichkeiten des 11. bis 19. Jahrhundert Platz auf den Glasflächen am Friedensplatz. Diejenigen des 20. und 21. Jahrhunderts auf den Fassaden am Nogenter Platz, links neben dem Haupteingang des Rathauses.
Die grosse Zahl für die Stadt wichtiger Personen erfordert eine lebendige, variationsreiche Bildinterpretation, wo die ''Menge'' zu Bildüberlagerungen und unerwarteten Begegnungen führt.
Je weiter das Leben eines Menschen in der Vergangenheit liegt, wie zum Beispiel dasjenige von Anno II. desto ungenauer und verschwommener ist seine Darstellung in der ''Timeline'', analog zu unseren Erinnerungen, die langsam aus unserem Bewusstsein entschwinden. -
Zum Schluss
Beide Fassaden zusammengefasst bilden als künstlerische Einheit unseren SIEGBURGER BILDERFRIES.
Im Zentrum der Stadt veranschaulicht er eine sensible Präsenz, die den Rathausbau in den Zeitenstrom eingliedert.
Das Werk begleitet den aufmerksamen Passanten, und seine stille aber prägnante Präsenz lädt auf eine historisch-kulturelle Entdeckungsreise ein.
Verschiedene optische und lichtdurchdrungene Phänomene geben dem Ganzen ein besonderes Leben, erweckt durch unseren Wahrnehmungsmechanismus. Das Auge jedes Besuchers und Passanten macht ihn zu einem aktiven Teilnehmer an einem materiell-immateriellen Kunstwerk.
Liste der dargestellten Persönlichkeiten
Die Personen auf den Rathausfenstern in der Reihenfolge des Vorentwurfs von Künstler Udo Zembok:
- Anno II. Erzbischof von Köln (1010-1075, Stadtgründer, streitbarer Kirchenmachtmensch aus dem Hochmittelalter)
- Johann Lair (1476-1555, Buchdruckpionier, Gründer der Cambridge University Press)
- Anno Knütgen (Geburtsjahr unbekannt, lebte bis um 1590, Töpfer)
- Kunigunde Meurer (Geburtsjahr unbekannt, lebte bis 1636, als Hexe verurteilt und hingerichtet, steht beispielhaft für Hexenverfolgung)
- Isaac Bürger (1791-1864, erster jüdischer Stadtrat in Siegburg, Mitinitiator des Synagogenbaus)
- Charles „Carl“ Wimar (1828-1862, Indianermaler im Wilden Westen der USA)
- Anna Reuter (1777-1844, nach der Säkularisierung im Jahr 1812 Retterin des Servatiusschatzes)
- Maximilian Jacobi (1775-1858, Mediziner, Gründer der Siegburger Irrenheilanstalt, Vorreiter der modernen Psychiatrie, Freund Goethes)
- Friedrich Wilhelm Kleinschmidt (1816-1878, Oberförster, legte Sümpfe um Siegburg trocken und verbannte Malaria, eigenes Denkmal im Lohmarer Wald)
- Josef Mohr (1834-1892, Kirchenliedkomponist, schuf „Ein Haus voll Glorie schauet“)
- Adelheid Wette (1858-1916, Schriftstellerin, Librettistin, schrieb den Text für „Hänsel und Gretel, den Märchenoper-Welterfolg ihres Bruders Engelbert Humperdinck)
- Engelbert Humperdinck (1854-1921, Komponist der weltbekannten Märchenoper „Hänsel und Gretel“)
- Raymund Lohausen (1897-1948, Zisterzienserpater, wirkte in Siegburg als Kaplan, saß für seine christliche Überzeug im KZ Dachau)
- Ruth Rehmann (1922-2016, Schriftstellerin, schrieb den Siegburg-Roman „Der Mann auf der Kanzel“)
- Wolfgang Overath (geb. 1943, Fußballer, Weltmeister 1974)
- Alfred und Eleonore Keller (1880-1968 u. 1895-1977, Unternehmer und Mäzene, er war Siegburger Ehrenbürger)
- Matthäa Held (1942-2018, Ordensfrau, von 1972-2007 Leiterin des Kinderheims Pauline von Mallinckrodt)
- Lisbeth Herkenrath (1904-1989, gründete 1942 die Musikschule, die sie 30 Jahre lang führte)
- Ferdinand „Ferdi“ Büchel (1934-2010, bekanntes Siegburger Gesicht, als Wochenmarktstandbetreiber eine sprichwörtlich zentrale Figur)
- Johannes Maria Becker (1892-1975), bekannter Siegburger Pfarrer und Dechant in den Nachkriegsjahrzehnten, gab dem neuen Siegburger Rathaus bei der Grundsteinlegung 1965 den Segen)
- Ilse Fröhlich (1919-1939, Jüdin, von den Nazis in den Selbstmord getrieben)
- Ildefons Schulte Strathaus (1887-1972, Aufbauabt in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, „Abt mit der Schüppe“)
- Helene „Leny“ Werner-Bonmann, (1904-1989, Karnevalistin, Gründerin und 50 Jahre Präsidentin der KG Sonnenschein)
- Heinz „Hein“ Mück (geb. 1941, Siegburger Box-Idol der 1960er Jahre)
- Charlotte „Lottchen“ Bertram (1912-1971, kleinwüchsiger Hermaphrodit, Siegburger Original)
Projektablauf und -phasen
Die Findung der zusätzlichen Porträts auf der Verglasung neben dem Haupteingang durchläuft insgesamt vier Phasen, in denen Ihre Vorschläge gefragt sind.
Zum Einreichen von Vorschlägen ist ein Haupt- oder Nebenwohnsitz in Siegburg erforderlich. Mitarbeiter:innen der Stadtverwaltung Siegburg dürfen unabhängig vom Wohnort auch Vorschläge einreichen.
1. Phase - Vorschlagsphase
08. Februar 2023 - 28. Februar 2023
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Weitere Informationen zu dieser Phase:
In dieser Phase können Sie bis Ende Februar Ihre Vorschläge dafür einreichen, welche Siegburger Persönlichkeit noch auf die Verglasung mit aufgenommen werden soll. Dies können Sie auf zwei Wegen tun:
Über die Online-Plattform der Kreisstadt Siegburg:
Hier auf https://Mitmachen.Siegburg.de können Sie Ihre Kandidatin bzw. Ihren Kandidaten für das Siegburger Bilderfries vorschlagen. Dieser Vorschlag wird dann für alle sichtbar auf der Plattform veröffentlicht. Andere BürgerInnen können Ihren Vorschlag kommentieren und diskutieren.
Über den Briefkasten im Rathaus:
Ihre Vorschläge können Sie auch formlos im Rathaus, unter Verwendung des Adressaten: Kreisstadt Siegburg, Projektgruppe Rathaussanierung, Nogenter Platz 10, 53721 Siegburg, in einen Briefkasten einwerfen oder per Post schicken. Die Redaktion der Kreisstadt Siegburg wird diese auf der Online-Plattform veröffentlichen. Dort können sie dann ebenfalls kommentiert und diskutiert werden.
2. Phase - Vorschlagsprüfung durch die Verwaltung
1. März 2023 - 2. März 2023
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Weitere Informationen zu dieser Phase:
Jetzt ist die Stadtverwaltung am Zug:
Sie prüft die Vorschläge nun auf Zulässigkeit, Doppelung und inhaltliche Begründung. Nicht zugelassene Vorschläge werden begründet archiviert. Besteht ein Vorschlag die Prüfung, wird er den Parteien zur Abstimmung freigegeben.
Den Status Ihres Vorschlages können Sie jederzeit unter https://Mitmachen.Siegburg.de einsehen oder im Bürgerservice der Kreisstadt Siegburg erfragen.
3. Phase - Abstimmungsphase durch die Fraktionen des Stadtrats
3. März 2023 - 20. März 2023
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Weitere Informationen zu dieser Phase:
Nun sind die Ratsmitglieder am Zug!
In dieser Phase stimmen die Fraktionen des Stadtrats über die eingereichten Vorschläge ab.
4. Phase - Finale Entscheidung durch den Bau- und Sanierungsausschuss
21. März 2023
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Weitere Informationen zu dieser Phase:
Basierend auf den Abstimmungsergebnissen entscheidet der Bau- und Sanierungsausschuss über die zwei bis drei weiteren Persönlichkeiten, deren Porträt auf der Verglasung neben dem Haupteingang abgebildet werden soll.